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Fr. 08.12.2023

„Weißt du noch, damals im Mai, Ende Mai müsste das gewesen sein, die Shibari-Aufgabe?“ raunt er durchs Telefon.
Anette überlegt und meint: „Du redest aber nicht von der Aufgabe mit den Schuhen?“
Ralf grinst: „Doch, genau die meine ich! Viel Spaß heute im Büro, mit den hohen Schuhen. Zuhause wirst du sie dann weiterhin tragen, aber eben wieder mit Seilen drumherum.“
„Och Ralf… muss ich wirklich?“ murrt sie ins Handy.
„Klar, verstehe die Frage nicht?“
Sie schmunzelt: „Ja genau, stell dich wieder doof … na gut, dann muss ich jetzt Schluss machen, ich muss den Bus erwischen.“
Nachdem Anette die Schuhe in ihre Tasche gestopft hat, sprintet sie, so gut es auf den vereisten Straßen geht, zur Haltestelle.
Zu ihrem Glück steht heute wenig an, daher kann sie die meiste Zeit sitzen und ihre Beine entspannen.
Dennoch merkt sie gegen Ende hin ein leichtes Brennen in den Waden.
„Ich bin froh, wenn der heutige Tag vorbei ist …“ meckert sie.
Fiona hakt verwundert nach: „Warum?“
Anette schildert ihrer Kollegin die gesamte Aufgabe und lässt die Schultern hängen.
„Kopf hoch, wird schon nicht so schlimm. Er hat nicht gesagt, du musst die Beine am Boden haben, oder?“
Sie überlegt kurz. Man sieht Anette an, wie sie den Gedanken ihrer Freundin zu verstehen beginnt.
„Ja! Du hast Recht!“ grinst sie und klopft motiviert auf den Tisch.
Eine halbe Stunde später ist sie wieder in ihren eigenen vier Wänden und packt die hohen Schuhe aus.
Anette schlüpft mit einem breiten Grinsen in die High Heels, schließt die Schlaufe am Knöchel und kramt Seile aus der Schublade.
Sie wickelt die Juteseile feinsäuberlich unter der Sohle hindurch und verknotet dann die Enden oberhalb des Knöchels.
„Gut, jetzt Füße hoch und Ruhe.“ meint sie selbstbestimmt und wackelt zur Couch.
Sie plumpst in den Sitzpolster und legt die Beine ab.
Ralf meldet sich mit einer Nachricht.
>Läuft alles wie geplant?<
Anette grinst und antwortet: >Ja, alles wie geplant.<
Sie legt das Handy wieder weg und greift kurz darauf wieder hin.
Er hat ihr erneut geschrieben: >Perfekt. Dann kannst du dich ja auf die heutige Frage konzentrieren. Hast du ab einem Punkt gemerkt, dass du dich immer wieder auf unsere Treffen am Sonntag freust?<
„Oh, und wie!“ schießt es direkt aus ihr, noch bevor sie zu tippen beginnt.
>Also, zuerst war es ungewohnt, da ich mir meistens den Sonntag als Auszeit genommen habe, die Seele baumeln lassen, keinen Menschenkontakt, einfach Ruhe. Da war es die ersten paar Mal schon Überwindung, euch zu treffen und auf meine Ruhe zu verzichten, doch dann kam ein Punkt, an dem ich mich schon ab Freitagabend darauf gefreut habe, dich und Fiona wiederzusehen. Da habe ich erst so richtig gemerkt, wie gut ihr mir tut, nicht nur im sexuellen Sinn, auch freundschaftlich. Ich bin nach Treffen mit euch nicht ausgelaugt oder schlapp, also meine Social Battery ist nicht komplett leer, so wie ich es häufig nach der Arbeit oder anderen sozialen Aktivitäten habe. Das war auch eine Erfahrung, die ich so nicht erwartet habe. Hatte mal einen Abend, da kam ich nach Hause am Sonntag und war so energiegeladen, dass ich kaum einschlafen konnte, war ständig am Grinsen. Da wusste ich, das ist das Richtige!<
Ralf liest die Nachricht und lächelt.
„Richtig herzlich. War schon eine gute Entscheidung von dir damals.“ richtet er an Fiona.

Tür 8 im Adventskalender beinhaltet die Frage:
Freust du dich immer mal wieder auf die Sonntagsgeschichten?

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